Frage 1: Ist ein wechseln von Win 7 auf Linux sinnvoll, habe seit Win 95 über XP-Profess., kein anderes Windows-System genutzt. Welche Vor und oder Nachteile sind zuerwarten?
Frage 2: Habe einen Humax Receiver auf Linuxbasis, leider ist das kopieren auf USB-Stick in Windows mit 4GB bei FAT32 begrenzt. Gibt es eine andere Möglichkeit?
Danke Thomas
Sehr geehrter Herr Gräfe,
ich antworte Ihnen einmal aus Sicht der „Windows-Fraktion“. Die für Linux zuständigen Kollegen werden wahrscheinlich anders argumentieren.
Zu Frage 1: Ich halte einen Wechsel von Windows zu Linux in Ihrem Fall für einen Fehler. Die wichtigsten Nachteile:
1. Sie können Ihre gewohnten Windows-Programme nicht mehr weiter verwenden (bis auf ein paar wenige Ausnahmen wie etwa den Browser Firefox).
2. Nach dem Umstieg funktionieren einige Komponenten Ihres PCs womöglich nicht mehr, weil Treiber für Linux fehlen. Aktuelle Desktop-PCs und Notebooks werden für Windows und nicht für Linux entwickelt.
3. Haben Sie einen aktuellen PC mit dem BIOS-Nachfolger UEFI lässt sich Linux nur installieren, wenn Sie das sichere Booten (Secure Boot) abschalten (siehe z.B. hier: https://www.howtogeek.com/175641/how-to-boot-and-install-linux-on-a-uefi-pc-with-secure-boot/) Das bedeutet, Ihr PC-System hat anschließend eine erhebliche Sicherheitslücke, die es ab Windows 8 bei einem PC mit UEFI nicht mehr gibt.
4. Fast die gesamte Dokumentation für Linux ist in englischer Sprache. Beherrschen Sie Englisch gut und haben keine Schwierigkeiten damit, ein englisches Wiki oder Artikel wie bei 3. zu lesen, streichen Sie das als Nachteil. Ansonsten kann ich Ihnen Linux nicht empfehlen, trotz der vielen guten deutschsprachigen Hilfen durch den Verlag.
5. Es gibt auch ausreichend Programme für Linux und sie sind meist kostenlos. Ein vermeintliches Paradies. Vergleichen Sie allerdings diese Programme mit entsprechenden Windows-Programmen, werden Sie in vielen Fällen feststellen, dass die Linux-Programme schon seit Jahren nicht mehr weiterentwickelt werden und auf einem recht geringen Funktionsniveau sind. Spielen Sie gerne am PC, schauen Sie sich einmal die Linux-Spiele an, da wird das besonders deutlich.
6. Heutiges Linux ist nicht mehr schwer zu bedienen. Vieles ist ganz ähnlich wie Windows, aber eben nur ähnlich. Sie werden sich also einarbeiten müssen – und Sie sollten auch unter die bunte Oberfläche schauen und die Linux-Kommandos lernen. In Windows brauchen Sie kaum noch die Eingabeaufforderung, bei Linux sind Sie ohne Kommandos häufig verloren.
7. Zu Windows gibt es immer jemand, der helfen kann. Linux hat einen Marktanteil von rund 2,8 %, das nutzen also weitaus weniger Menschen als etwa das kaum verbreitete Windows Vista oder den Macintosh: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/158102/umfrage/marktanteile-von-betriebssystemen-in-deutschland-seit-2009/
Vorteile:
1. Sofern Ihre PC-Hardware kompatibel zu Linux ist, wird Linux auf Ihrem PC schneller laufen als Windows. Fehlen allerdings die angepassten Treiber, ist es genau umgekehrt. Für einen älteren Windows-XP-Rechner ist Linux Klasse, denn etwas anderes lässt sich darauf sicher nicht mehr betreiben.
2. Sie lernen ein neues Betriebssystem kennen und verstehen auch Geräte mit Linux besser. Android, iOS und MacOS basieren auf Linux. Sofern Sie diese Systeme nutzen, ist es sehr gut, wenn Sie sich mit Linux gut auskennen.
3. Es gibt weniger Schadprogramme für Linux. Ein Erpresser-Trojaner wird Sie als Linux-Anwender wahrscheinlich nicht bedrohen. Auch unerwünschte Programme und Fake-Programme sind bei Linux eher kein Problem. Das ist tatsächlich ein großer Vorteil von Linux. Mit entsprechender Vorsicht, sind Sie aber auch bei Windows sicher. Und Android zeigt, dass Linux nicht sicherer als Windows ist, denn da ist die Schadprogramm-Gefahr mindestens so hoch wie bei Windows. Linux-Anwender sind nur deshalb vor Schadprogrammen verschont, weil es sich für die geringe Anzahl Linux-Nutzer und bei der großen Anzahl verschiedener Linux-Derivate nicht lohnt, dafür viel Zeit und Geld in die Entwicklung von Schadprogrammen zu stecken.
Mein Rat: Steigen Sie um auf Windows 10, solange es noch kostenlos ist. Damit haben Sie aktuell das zukunftssicherste Betriebssystem. Interessieren Sie sich für Linux, installieren Sie es als Zweitsystem auf einem älteren PC oder als Ersatz für XP. Sind Sie dann nach einiger Nutzungszeit von Linux mehr als von Windows überzeugt, dann steigen Sie zu Linux um. Ich schätze aber, Sie werden diesen Schritt nicht mehr gehen, wenn Sie einmal länger beide Systeme im Vergleich gesehen haben.
Ich nutze Windows seit 1.0, Linux auch seit über 30 Jahren, hatte früher CP/M und dann DOS, verwende neben Windows 10 auch Android, iOS und MacOS. Einmal nutze ich ein Tablet mit Android oder iOS, dann ein Smartphone mit diesen Systemen, gelegentlich auch ein Linux-Notebook, etwa für Firmware-Entwicklung. Für meine Alltagsaufgaben nutze ich nie Linux, außer etwa zur Datenrettung oder Schadprogramm-Entfernung.
Zu Frage 2: FAT32 erlaubt keine größeren Dateien. Das wird wahrscheinlich das Problem sein. Eventuell kennt hier aber jemand den Empfänger und kann dazu genau Auskunft geben.
Mit freundlichen Grüßen
Michael-Alexander Beisecker
Hallo Herr Gräfe,
ohne Angabe des Modells Ihres Receivers kann niemand beanworten, was Ihr Gerät leistet. Allerdings können Sie auch einiges selbst ausprobieren – zumindest bei den in 2 und 3 genannten Möglichkeiten.
Das Dateisystem von FAT-32 ist die Beschränkung, nicht das Betriebssystem, das den Datenträger liest oder schreibt.
Wenn die 4-GB-Grenze ein Problem ist, gibt es bei Video mehrere Möglichkeiten:
1. die Aufzeichnung in mehrere Dateien unterteilen. Das machen viele Programme automatisch. Beim Abspielen können viele Geräte mit Unterteilungen umgehen, so dass man keine Unterbrechung in der Wiedergabe bekommt.
2. Testen, ob der Humax-Receiver mit NTFS als Dateisystem zurecht kommt. Linux selbst unterstützt sein vielen Jahren auch NTFS – aber es kann sein, dass in dem Humax-Receiver der Treiber eingespart wurde. Allerdings reduziert NTFS die Lebensdauer von USB-Sticks.
3. Testen, ob der Humax-Receiver mit exFAT als Dateisystem zurecht kommt. Dieses Dateisystem wurde speziell für große Dateien auf USB-Stick optimiert. Linux selbst unterstützt erst seit 2013 exFAT – aber es kann sein, dass in dem Humax-Receiver der Treiber eingespart wurde. Seit dem SP1 von Vista wird exFAT von Windows unterstützt. Bei dem von Ihnen erwähnten XP ist die Unterstützung nicht auf Anhieb gegeben.
Viele Grüße
Norbert Hahn
Hallo Herr Gräfe,
ein Linuxsystem funktioniert heutzutage in allen belangen gut. Ja es gibt Hardware die schlecht unterstützt wird, in erster Linie weil die Hersteller nur für Windows entwickeln. Programme für jeden zweck gibt es auch, wenn mal etwas nicht weiterentwickelt wird, liegt es meist daran, das sich ein ähnliches Programm durchgesetzt hat und die Entwicklung nicht mehr lohnt.
Hier einen krieg der System anzuzetteln, wäre jedoch verkehrt. Ich selbst benutze berufsbedingt beide Systeme gleichermaßen. Wenn Sie Interesse an Linux haben, installieren Sie es einfach neben Windows und sehen Sie es sich an, eventuell gefällt es Ihnen besser, dann können Sie Windows irgendwann löschen. Kommen Sie damit nicht zurecht löschen Sie Linux einfach wieder.
Ob Linux für Sie funktioniert, können Sie nur durch Ausprobieren herausfinden.
Mit freundlichen Grüßen,
Dirk Kleemann